Vom Ende der Einsamkeit [Rezension]

 


"Das Gegengift zu Einsamkeit ist nicht das wahllose Zusammensein mit irgendwelchen Leuten. Das Gegengift zu Einsamkeit ist Geborgenheit."



Titel: Vom Ende der Einsamkeit
Autor: Benedict Wells
Verlag: Diogenes
Seiten: 464
Erscheinungsjahr: 2020
ISBN: 978-3-257-26155-4
Genre: Roman des Lebens
Art: gebundener Einband


"Das Leben ist kein Nullsummenspiel. Es schuldet einem nichts, und die Dinge passieren, wie sie passieren. Manchmal gerecht, so dass alles einen Sinn ergibt, manchmal so ungerecht, dass man an allem zweifelt. Ich zog dem Schicksal die Maske vom Gesicht und fand darunter nur den Zufall..."

 

"Ich kenne den Tod schon lange, doch jetzt kennt der Tod auch mich

"In meinem Innern ahnte ich, dass ich vom Weg abgekommen war. Das Problem war nur, dass ich nicht wusste, wann und wo. Ich wusste nicht mal mehr, von welchem Weg."




Jules und seine beiden Geschwister wachsen behütet auf, bis ihre Eltern bei einem Unfall ums Leben kommen. Als Erwachsene glauben sie, diesen Schicksalsschlag überwunden zu haben. Doch dann holt sie die Vergangenheit wieder ein. Ein berührender Roman über das Überwinden von Verlust und Einsamkeit und über die Frage, was in einem Menschen unveränderlich ist. Und vor allem: eine große Liebesgeschichte.


"Um sein wahres Ich zu finden, ist es notwendig, alles in Frage zu stellen, was man bei der Geburt vorgefunden hat. Manches davon auch zu verlieren, denn oft lernt man nur im Schmerz, was wirklich zu einem gehört... Es sind die Brüche, in denen man sich erkennt."



Ähmmm, jetzt einige Monate später kann ich es eigentlich ganz kurz machen: Ich kann mich an so gut wie nichts mehr erinnern, was bei mir äußerst selten vorkommt. 

Okay, ein paar Fetzen sind mir nach und nach eingefallen und jetzt, wo ich die Zitate gelesen habe, muss ich sagen, dass ich ganz schön überwältigt bin. Wie kann man nur so viel bedeutungsschwere Sprache in einem Roman verpacken? Vielleicht sollte ich das Buch noch einmal lesen? Ich habe es nur als Hörbuch gehört und habe noch ein paar Bilder im Kopf von Szenen und den Orten, an denen ich war, als ich sie gehört habe. 

Aber ich glaube, dass es gar nicht die Handlung ist, die die Essenz dieses Romans ausmacht, sondern gerade diese Denkanstöße und Glücksmomente, die dem Leser durch die besonderen sprachlichen Aphorismen und kleinen Weisheiten geschenkt werden. 

Die Handlung ist eigentlich auch ziemlich spannend, bzw. das Leben der erzählenden Person ist ein sehr ereignisreiches und von Schicksalsschlägen durchkämmtes. Allerdings ist es glaube ich die Erzählhaltung, die den Anschein wahrt, die Geschichte würde nur vor sich hinplätschern und durch die vielen schweren Worte aufgeplauscht werden. So ist es aber gar nicht. Viel mehr scheint es mir jetzt rückblickend, als würde das Buch gerade die sinnvollen Gebrauchsanweisungen des Lebens geben, die einem auch ELtern wohlwollend mitgeben, auf die man dann aber nicht hört und die Fehler einer nach dem anderen selbst abklappert. Vielleicht ist die Literatur das geeignete Medium, um nicht alle Fehler selbst zu machen, ich glaube aber leider nicht. 
Wenigstens schafft Wells es, uns schon im Vorhinein fühlen zu lassen, wie es sich später anfühlen lässt, über die entscheidenden Momente nachzudenken und sich vorzustellen, man hätte alles anders gemacht. 




"Wäre es wirklich besser, wenn es diese Welt überhaupt nicht gäbe? Stattdessen leben wir, wir schaffen Kunst, lieben, beobachten, leiden, freuen uns und lachen. Wir existieren alle auf millionenfach unterschiedliche Weisen, damit es kein Nichts gibt, und der Preis dafür ist nun mal der Tod."


 



Schöne Zitate und lebensecht, außer die Menge an Schicksalsschlägen. Nen bissle weinerlich!

 

"Es gab Dinge, die ich nicht sagen, sondern nur schreiben konnte. Denn wenn ich redete, dann dachte ich, und wenn ich schrieb, dann fühlte ich.."










"Wir sind von Geburt an auf der Titanic. Wir gehen unter, wir werden das hier nicht überleben, das ist bereits entschieden. Nichts kann das ändern. Aber wir können wählen, ob wir schreiend und panisch umherlaufen, oder ob wir wie die Musiker sind, die tapfer und in Würde weiterspielen, obwohl das Schiff versinkt.









"Sieh dich an, dachte ich, was sehnst du dich in Gesellschaft so oft danach, allein zu sein, wenn du das Alleinsein kaum noch aushältst?

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"Was, wenn es die Zeit nicht gibt? Wenn alles, was man erlebt, ewig ist und wenn nicht die Zeit an einem vorübergeht, sondern nur man selbst an dem Erlebten? "

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“Die Zeit verläuft nicht linear, ebenso wenig die Erinnerungen. Man erinnert sich immer stärker an das, was einem gerade emotional nahe ist.”

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“Ich war davon überzeugt, dass man sich zwingen konnte, kreativ zu sein, dass man an seiner Phantasie arbeiten konnte, aber nicht an seinem Willen. Das wahre Talent war der Wille.”

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“Du bist nicht schuld an deiner Kindheit und am Tod unserer Eltern. Aber du bist schuld daran, was diese Dinge mit dir machen. Du allein trägst die Verantwortung für dich und dein Leben. Und wenn du nur tust, was du immer getan hast, wirst du auch nur bekommen, was du immer bekommen hast.”

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“In Wahrheit sind all diese Nihilisten und Zyniker Schisser. Sie tun so, als wäre alles bedeutungslos, denn dann gibt es am Ende auch nichts zu verlieren. Ihre Haltung scheint unangreifbar und überlegen, aber sie ist im Innern auch nichts wert.”

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“Manchmal glaube ich, es gibt Menschen, die wissen gar nicht, dass sie sterben müssen.”

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“Das Gedächtnis ist ein geduldiger Gärtner.”

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“Ich hab ihm erzählt, dass du auch schreibst.” 

“Aber ich schreibe doch schon lange nicht mehr.” 

“Du schreibst vielleicht nicht auf Papier, aber in deinem Kopf schon.” 

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