Ein anderes Paradies [Rezension]

 


"Contra mundum." 



Titel: Ein anderes Paradies
Autor: Chelsey Philpot
Verlag: Carlsen
Seiten: 398
Erscheinungsjahr: 2018 (2014)
ISBN: 978-3-551-31719-3
Genre: Jugendbuch, Freundschaft, Liebe, Coming-of-Age
Art: flexibler Einband


"Ich kannte die Regeln noch nicht, denen unsere Freundschaft gehorchte. Ich kannte nur ihre Grenzen. " 
(S.61) 

 

"Die Anziehung der Buchanans war so stark und so elementar wie die Wirkung des Mondes auf die Gezeiten, und wenn ich mit ihnen zusammen war, war ich glücklich im warmen Widerschein des Lichtes





Seit Charlotte im Elite-Internat die schillernde Julia Buchanan kennengelernt hat, steht sie vollkommen in ihrem Bann. Bald trifft Charlotte auch Julias Bruder Sebastian und den Rest der Familie und taucht in eine für sie vollkommen neue Welt ein: mondäne Partys, ein Sommeranwesen am Atlantik, Ruderregatten. Unausweichlich verliebt sie sich nicht nur in Sebastian, sondern in die ganze Familie, und möchte unbedingt dazugehören – doch die glückliche Fassade trügt …



"Ich hatte gelernt, ihr Lachen als Belohnung dafür zu akzeptieren, dass ich nie zu sehr in sie drang, und ihr Schweigen als Antwort.
(S.127) 




Eine sehr sehr kurzweilige Geschichte, die einem nicht viel Zeit lässt, sich an die Protagonistin zu gewöhnen. Sie steht in einem besonderen Verhältnis zu der Familie der Buchanans, die für mich auf der einen Seite unverständlich war und auf der anderen Seite wie ein Sog anziehend wirkte. Damit meine ich nicht, dass mich die Familie gleichermaßen fasziniert hat wie Charlotte. Ich fand es eher interessant, wie Charlotte fasziniert von einer so zerrütteten Familie sein konnte. Teilweise hatte ich dafür auch wenig Verständnis und habe Charlotte deswegen anfangs einen schwachen Charakter zugesprochen. Letztendlich hat sie die Eigenschaft, sich selbst für andere zu aufzuopfern. Ich würde das tatsächlich als eine große Schwäche betrachten. Innerhalb dieser Lektüre hatte es aber den Mehrwert, dass die Protagonistin eben nicht perfekt und 0815 ist. Auf der anderen Seite habe ich das Spezielle, das die Geschwister Buchanan umgibt, nicht abkaufen können, genauso wie die Liebesgeschichte zwischen Sebastian und Charlotte. Für meinen Geschmack wurden die Leser*innen zu wenig zu den entscheidenden Momenten mitgenommen und über Details im Dunkeln gelassen. 
Was mir zusätzlich schwer im Magen liegt, sind zahlreiche sprachliche Stolpersteine, unglückliche Formulierungen. Dies kann aber sehr gut auch auf die Übersetzung zurückgeführt werden. Auf der anderen Seite gibt es aber auch schöne, knackige Zitate, die ich hier aufführe. 
Vielleicht hört sich das jetzt alles noch nicht nach einem 3-Catookie-Kandidaten an, aber ich habe es doch sehr gern gelesen. Es ist eines von diesen Coming-of-Age-Romanen, bei denen sich unmittelbar ein Film im Kopf abspielt. Und eine Idylle überträgt. Allerdings ist der Aspekt, dass es um die Faszination einer Familie geht anstatt um simple Freundschaft oder Liebe, nicht das Beste an diesem Buch. Dafür wird das Phänomen zu oberflächlich behandelt. Einzig der Hinweis darauf, dass Familien keine abgeschlossenen Systeme sein müssen, sondern auch Platz für weitere, (fremde) Personen da ist, wäre eine Diskussion wert. 
 


französischer Pop



"Ein Gebilde aus Treibholz. Schmutzig weiß wie ausgebleichter Sand. Etwas mit Meerglas, das tagsüber das Sonnenlicht reflektierte und nachts die Lichter von der Varanda einfing. Ein Kunstwerk, das so natürlich wirken würde, dass es aussah, als wäre es schon immer da gewesen."

(S.134)

 



Sommerlich, feinfühlig, aber sprachlich an vielen Stellen holprig!

 

"Die Luft hing voller Musik, lauter Stimmen und noch etwas, das ich nicht so recht zu fassen bekam - Glück, aber ein Glück, das auf der Kippe stand; Freude, die umso bedeutungsvoller war, weil sie nur flüchtig war."
(S.158)







"Versuchst du extra, unattraktiv auszusehen, Charlotte?
(S.37)








"[...] das war der Augenblick, in dem ich mich in die Buchanans verliebte."  
(S.173) 

 

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"Erst im Rückblick können wir auf die Momente, die uns geformt haben, zeigen wie auf eine Stadt auf einer Landkarte - auf die Momente, in denen wir uns für ein Ja oder ein Nein entschieden und dadurch bestimmt haben, wer wir wurden.
(S.183)  


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"Irgendwer stieß Sebastian von hinten in meine Richtung, und mehr brauchte es nicht. Seine Lippen. Meine Lippen. Ihn zu küssen, war nichts, was ich unter Kontrolle hatte.
(S.227) 

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"Und wir tun alles, um unseren sozialen Status quo zu erhalten, inklusive leugnen, lügen und Dinge unerwähnt lassen. Vollkommene Ehrlichkeit würde sich nachteilig auf das Überleben der Spezies auszuwirken.
(S.268) 


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"Wie heißt es noch? Klebe nichts, was nicht zersprungen ist.
(S.269) 

 

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"Es kommt nicht darauf an, was ich hier zu finden glaube, sondern darauf, was wir hier tatsächlich finden." 
(S.78) 


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"Der Nieselregen hatte nachgelassen, aber die Luft war immer noch schwer von Feuchtigkeit und Hitze und all den Abschieden und Unsicherheiten, die jedes Schulgelände an jedem letzten Schultag verfinstern.
(S.340f.) 

 

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"Mir war nicht klar, dass es eine Balance geben muss. Sie konnte nicht so viel Lebendigkeit, Licht und Fröhlichkeit versprühen, ohne auch das Gegenteil davon in sich zu tragen.
(S.315) 

 

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"Ich gehöre nicht hierher, Sebastian. Ich bin nur ein Gast, der zu lange geblieben ist.
(S.381) 

 

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"Dolor. Das ist nichts, was dir irgendjemand beibringen kann. Liebeskummer muss man selbst lernen.
(S.387) 

 

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