Romeo und Julia [Buch-Film-Vergleich]


"Kein Hindernis aus Stein hält Liebe auf. Was Liebe kann, das wagt sie auch"


Als Erinnerung: Meine Meinung zum Drama "Romeo und Julia"


"Ich rate hiermit jedem, dieses Buch zu lesen, der auch nur einen Hauch Verständnis für Romantik Hat. Es genügt nicht, die Geschichte nur grob zu kennen, man sollte ihre Tragik in ihrer ganzen Ausprägung auf sich wirken lassen. Die Sprache ist natürlich nicht einfach, aber doch verständlich. Außerdem ist der Konflikt ja schon bekannt... Trotzdem ist das Ende ergreifend und die Liebe spürt man in jeder Zeile. Es ist kein oberflächliches Drama, da der Streit der Familien auch gesellschaftliche Kritik beinhaltet." 



Ich habe damals keine Rezension auf diesem Blog veröffentlicht, aber ich habe 5 Catookies unabhängig in einem Eintrag in dem Buch selbst erteilt. Es handelt sich dabei um eine deutsche Ausgabe des Anaconda-Verlages aus dem Jahr 2006, aus dem Englischen übersetzt durch August Wilhelm von Schlegel (1843/44).

Um welche Verfilmung geht es?

Ich beziehe mich auf die Verfilmung von Baz Luhrmann mit Leonardo DiCaprio und Claire Danes aus dem Jahr 1996.


Und jetzt: Mein erster Eindruck zum Film:


Ich mochte die Einstiegsszene nicht. Okay, vielleicht habe ich mich etwas unpräzise ausgedrückt. Es ist weniger die Szene oder das Drehbuch selbst, sondern die neumodische Inszenierung, die mir kurz einen Enttäuschungs-Schauer über die Seele gejagt hat, um es im dramatischen Stil auszudrücken. Sehr amerikanisch im Vegas-Stil präsentiert sich das geliebte Werk Shakespeares pompös und mit viel Tamtam, aber auch etwas billig. Vor allem wirkte der original-getreue Text dabei alles andere als passend. Was zu Anfang wie ein neumodischer (okay, 90er Jahre) Mafia-Action-Film anmutet, entpuppt sich dann aber schnell als sehr mutige Neuinterpretation eines sehr alten Werks und vielleicht gar nicht mal so weit entfernt von Shakespeares eigenen Vorstellungen oder seiner Intention, wenn man das sagen kann. 


Die Hauptdarsteller


Hand aufs Herz: Hätte man in der Besetzung des berühmtesten Liebespaares der Welt viel besser machen können? Ich denke nicht. Der junge DiCaprio ist sehr gut dafür ausgewählt worden, das Herz der weiblichen Zuschauer zu erreichen und Romeo noch dazu eine unschuldige, knabenhafte Note zu geben. Man hätte natürlich auch einen noch reiferen Adonis in mannhafter Gestalt wählen können, aber das wäre Shakespeares Romeo wohl nicht gerecht geworden. Dieser lebt genauso wie Julia von seiner Jugendlichkeit. Auch Julia kommt mit Claire Danes sehr liebreizend und engelhaft daher. Wobei ich sagen muss, dass sie zwar sehr hübsch, aber doch ziemlich unscheinbar rüberkommt. Deswegen war ich erst etwas überrascht. Aber auch das ist Teil des Zaubers: In der Einfachheit liegt manchmal die größte Strahlkraft. Sie wäre nur halb so jungfräulich erschienen, wenn sie mehr herausgeputzt wäre. Aber bei beiden kann man nach ihrer Blondheit fragen. Nach Venedig, so wie man es sich vorstellt, auch wenn es doch sehr nördlich liegt, passt es eher weniger. Andererseits äußert sich Shakespeare selbst nicht dazu und deswegen sind blonde Haare in diesem Fall wohl genauso gerechtfertigt wie braune. Aber ist es in diesem Fall Zufall oder doch eher eine quotenorientierte Auslese? 

Über die anderen Charaktere kann ich nur so viel sagen: So schlicht und natürlich das Paar sich gibt, so aufgetakelt und affektiert geben sich die anderen. Allerdings gehört es zur Interpretation und ist wohl eine gute Art, den Kontrast und die gesellschaftlichen Hürden und Gepflogenheiten aufzufangen.

Wie treu ist der Film dem Buch?


In Bezug auf den Text könnte der Film treuer fast nicht sein. Er wird originalgetreu übernommen und den Schauspielern in den Mund gelegt, was angesichts der neumodischen Kulisse des späten 20. Jahrhunderts (90er Jahre in Las Vegas) deplatziert wirkt. Am Anfang war es auch etwas anstrengend: Ich wusste nicht so recht, ob mich störte, dass sie nicht wie im 16. Jahrhundert gekleidet waren, oder ob ich ihnen am liebsten gesagt hätte: Könnt ihr nicht vernünftig reden? Beides hätte geholfen, die Dissonanz aufzuheben.Aber am Ende dachte ich mir nur: Ich möchte den Text nicht missen, aber auch nicht die interessante Inszenierung. Shakespeares Blankverse kommen auch im Deutschen sehr gut an und auch in der heutigen Zeit kann man seine Worte sowohl verstehen als auch nachempfinden. Wenn die Interpretation eines deutlich macht, dann, dass man für Shakespeares Plots nicht unbedingt ins Barock oder Mittelalter gehen muss, um sie wirken zu lassen. Sie sind von anmutiger Aktualität oder Zeitlosigkeit. Im Hier und Jetzt funktioniert die Liebesgeschichte auch, was uns Hoffnung geben sollte. Allerdings gibt es eine Entwicklung, die wir gerade durchmachen, die diese bedingungslose, stürmische und jugendliche Liebe in der heutigen Zeit immer unwahrscheinlicher werden lässt. Aus diesem Grund büßt diese Variante der Liebesgeschichte im Gegensatz zu einer historischen leider an Glaubwürdigkeit ein. Hätten sie andere Kostüme getragen und Verona als Kulisse gewählt, hätte man sich vielleicht leichter fallen lassen können. Aber die Ergriffenheit des Zuschauers wäre doch dieselbe geblieben.

Was die Kostüme und die verrückte Note angeht, die dem einen oder anderen vielleicht unpassend erscheinen mag: Schaut euch mal im London Globe Theatre eine Shakespeare Vorstellung an: Diese kommen nicht mit weniger fantastischen Elementen und eindrucksvollen Kostümen daher. Auch Shakespeare selbst ist bekannt dafür. Deswegen ist es eine mehr als gelungene Darstellung. Auch Vegas als Spielplatz ist eine interessante Wahl. Vergleicht man aber den Film mit den Regieanweisungen und den Vorstellungen, die dem Otto-Normal-Leser beim beim Rezipieren des Textes in den Sinn kommen, dann hätte man all das nicht gebraucht. Natürlich ist man da am Anfang überfordert.

Nicht alle Szenen werden im Film aufgegriffen. Schockiert war ich, als ich feststellte, dass man auf die Nachtigall-Szene verzichtet hat. Ich habe lange darüber nachgedacht, mir kommt aber immer noch kein Grund in den Sinn. Ich habe aber nochmal nachgesehen und bin mittlerweile überzeugt, dass sie mir nur entgangen ist. Es gibt einfach wirklich keinen Grund, warum sie nicht auftauchen sollte, zumal die Balkonszene als Ganze ja vorhanden ist. Vielleicht war ich nur kurz abgelenkt, als das Wort "Nachtigall" fiel ;). 

Humorvoll war es, dass der Text wirklich gar nicht abgeändert wurde. So kam es schon mal vor, dass eine Schusswaffe als Schwert oder ein Motorrad als Pferd bezeichnet wurde.

Fazit

Insgesamt kann man wohl sagen, dass das Drama einem Übertrag in die Hochmoderne standgehalten und einen sehr interessanten Eindruck hinterlassen hat. Zuerst befremdlich, dann komisch und schließlich genauso rührend. Es ist wohl immer noch die dramatischste Liebesgeschichte überhaupt. Da es sich um ein Drama handelt, empfehle ich die Inszenierung sogar eher als das alleinige Lesen. Allerdings sollte bei der Vielzahl an Möglichkeiten eine originalgetreue Sprache (So sehr es bei einer Übersetzung möglich ist) ein Kriterium sein. Empfehlenswert kann es auch sein, sich verschiedene Varianten anzusehen, um einen Eindruck vom Interpretationsspielraum zu bekommen. 

Im Laufe der Zeit werde ich diesen Beitrag vielleicht noch mit meiner Meinung zu weiteren Verfilmungen ergänzen.

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