Sturmhöhe [Buch-Film-Vergleich]

 


"Aber Verrat und Gewalt sind Speere mit Spitzen an beiden Enden: Sie verwunden diejenigen, die sich ihrer bedienen, schlimmer als ihre Feinde"


Als Erinnerung: Meine Meinung zum Buch "Sturmhöhe"


"Ich liebe den Schreibstil. Um genauer zu sein, die Übersetzung hier. Vieles erfordert eine so spezielle Lösung, dass ich nur von dieser sprechen kann. Da wäre z.B. der Dialekt Josephs oder die harsche Redensart Heathcliffs oder der sprachliche Zeitgeist. Ich habe alles abgekauft.
Ich fand die Handlung auch sehr spannend, was auch daran liegt, dass ich sie noch nicht kannte, was für jeden, der meine Handlungszusammenfassung gelesen hat, nur bis zu dem Punkt gilt, an dem ich sie beende. Ich finde die Rahmenhandlung genial mit dem chronologischen Verlauf verwoben. Man brennt darauf zu erfahren, wie das Schicksal mit den unglücklichen Personen auf Wuthering Heights gespielt hat und wer diese sind, wie sie zueinander stehen. 
Und sobald man dies weiß, denkt man vielleicht, alles hätte sich geklärt. Aber nein: Bis zuletzt konnte mich das Buch überraschen: Zwar ist die Stimmung von Anfang bis Ende düster und trist, und doch kommt es immer wieder zu Leidenschafts- und Gefühlswellen bei den Charakteren, was zu überraschenden Reaktionen führt. Dies gilt besonders für Heathcliff. Allein über ihn könnte ich einen Artikel schreiben. Was für ein seltsamer Mann. 
Das Buch ist ja weiß Gott nicht dick, aber die Autorin hat es geschafft, jeder Figur einen Körper zu geben, der auch in der realen Welt Schatten wirft. Man kann sich wirklich vorstellen, wie sie vor einem stehen. Ob man das möchte, ist eine andere Frage.

Ich bewundere Nelly Dean, die uns und Mr. Lockwood die Geschichte erzählt. Sie ist zwar nur ein Dienstmädchen und dennoch hat sie es, wie fast alle Charaktere, faustdick hinter den Ohren. Sie kriegt scheinbar alles mit und es ist unterhaltsam, sich zwischen ihren scharfen und bedeutungsschwangeren Bemerkungen ein genaueres Bild zu malen.

Merkt man Gesellschaftskritik? Es gibt gewiss Romane dieser Zeit, bei denen die Frage leichter zu beantworten ist. Es wird bis zuletzt nicht geklärt, wo Heathcliff herkommt, allerdings sind die meisten ihm feindselig gegenüber, noch bevor er selbst diese Eigenschaft herausbilden kann. Ich würde dennoch nicht so weit gehen und Rassismus ins Spiel bringen.
Ist es emanzipatorisch? Nein. Außer den Angestellten arbeitet keine Frau oder hat das Recht, selbst über sich zu entscheiden. Catherine heiratet zwar aus freien Stücken, aber auch sie hat das Geld Lintons vor Augen und die Politik der Erbfolge der beiden Anwesen. Aha: Erbfolge. Man könnte schon sagen, dass dies der Dreh- und Angelpunkt des Romans ist: Um den Besitz der Anwesen zu sichern und zu vergrößern, werden Heiratspläne geschmiedet und die einzelnen Familienmitglieder wie Puppen miteinander verkuppelt, dass am Ende jeder mit jedem verwandt ist, es ist fast schon parodiös. Dies könnte man durchaus als Gesellschaftskritik durchgehen lassen. Am Ende siegt wahre Liebe dann doch, oder nicht?

Ein weiteres großes Motiv dieses Romans ist Rache. Und die Frage, ob sie jemals zu etwas führt. Und Liebe, bedingungslose Liebe, die sich wegen ihrer Verbotenheit immer weiter hochschaukelt...

Diese Moorlandschaft... Genau das richtige Buch, um sich mit einer Tasse Tee in einer Decke einzukuscheln und den Regen draußen zu vergessen. Wer durch das Lesen auf frohe Gedanken kommen möchte, sollte aber die Finger von diesem lassen und es sich für Zeiten aufheben, in denen er im Reinen ist mit der Welt. Denn genau dann kann man froh sein, dass man kein Teil der Welt in diesem Buch ist."

Um welche Verfilmung geht es?

Keine unwesentliche Frage, Wuthering Heights- Verfilmungen sprießen ja wie Sand am Meer. Es handelt sich um den Film von 1998 der Koch Media GmbH.


Und jetzt: Mein erster Eindruck zum Film:


Wow! So düster habe ich es mir auch vorgestellt. Schnell stellt man fest, dass der Film chronologisch zum Buch vorgeht: Er beginnt mit der Rahmenerzählung. Aber ich war erst etwas enttäuscht, weil ich mir Mr Lockwood ganz anders vorgestellt habe: Jung und gutaussehend. Beides traf leider nicht zu. Ich ging in diesem Moment schon davon aus, dass dies wieder ein Fall von "Früher hatte man eben einen anderen Geschmack" handelte und schraubte meine Erwartungen an die anderen Herren runter, als Hareton auf die Bildfläche trat. Geht doch, dachte ich. In so einer verlassenen Gegend wie den Hochmooren von West Yorkshire ist die Auswahl eben nicht all zu groß. Es können nicht alle als Mr Darcys herumlaufen.

In Erinnerung habe ich auch das ständige Windrauschen, das wirklich ins Schwarze getroffen hat, was die Grundstimmung angeht und auch das Klima in den Mooren widerspiegelt. 



Die Hauptdarsteller


Heathcliff dagegen ist relativ gut getroffen. Es war wohl seine Ausstrahlung. Denn auch ihn habe ich mir äußerlich anders vorgestellt. Ich hatte angenommen, dass er afrikanische oder nahöstliche Wurzeln hat, bin mir jetzt aber auch nicht mehr sicher, ob das wirklich so im Buch erwähnt wurde (wenn überhaut wurde wahrscheinlich die Hautfarbe beschrieben). 
Catherine Senior als Kind passte meiner Meinung nach wie die Faust aufs Auge. Aber was mich gestört hat, ist, dass sie dann als Jugendliche schon wie Dreißigjährige aussehen, das hat mir das anfängliche Vergnügen dann doch etwas kaputt gemacht, bis es dann endlich um die jüngere Generation ging. Ja klar, das Budget des Films war begrenzt und die Möglichkeiten der Maskenbildner waren begrenzt... Aber gerade diese Jugendblüte ist meiner Meinung nach so bedeutend in der Geschichte.
Edgar Linton war aber wieder sehr gut getroffen. Catherine als Erwachsene habe ich mir anders vorgestellt. Blond, auch wenn ich jetzt gar nicht weiß, ob sie wirklich so beschrieben worden ist. Und noch divenhafter. Irgendwie strahlt sie das im Film nicht so stark aus, was aber vielleicht auch beabsichtigt ist und statt des verwegenen Charakters der Protagonisten eher ihre giftige Beziehung in den Vordergrund stellt.
Catherine Junior dagegen ist meiner Meinung nach die perfekte Darstellerin für die Rolle, so engelsgleich, wie sie aussieht und auftritt.

An Linton kann ich mich gerade tatsächlich nicht mehr erinnern, aber Hindley als Haretons Vater schwebt mir noch vor und ich meine, dass er auch sehr passend verkörpert wird. Tatsächlich finde ich, dass die Darsteller von Hindley und Hareton ein bisschen Ähnlichkeit im Phänotyp aufweisen. Im Buch wird beschrieben, dass Hareton seiner Tante Catherine ähnlich sieht. Kann ich nicht sagen. Aber die beiden Catherines haben äußerlich im Buch nicht viel gemein und das stimmt tatsächlich.

Wie treu ist der Film dem Buch?


Über die Charaktere muss ich jetzt nicht mehr sprechen. Schaut man auf die Szenenfolge, so ist der Film wirklich sehr nah am Buch, da so gut wie alle Filmszenen auf Szenen im Buch beruhen.  Aber auch hier war ich ein bisschen perplex bei der Einordnung einiger Szenen in den Lebenslauf der Charaktere. Z.B. den Zeitpunkt, als Heathcliff und Catherine den Nachbarskindern Isabella und Edgar einen Streich spielen, habe ich beim Lesen ihrer Kindheit zugeordnet. Währenddessen waren sie im Film schon (nahezu) erwachsen. 
Das Wichtigste aber ist die vermittelte Atmosphäre. Das Gefühl, als ich las, war das Gleiche wie im Film. Das Buch wird auch öfters zitiert.
Wuthering Heights habe ich mir ein wenig anders vorgestellt, von außen zumindest. Aber düster ist es allemal. Thuscross Grange kommt schon nah an die Vorstellung ran.

Fazit


Beide Medien eignen sich also hervorragen, um Emily Brontes Welt zum ersten Mal zu erkunden. Trotzdem empfehle ich auf jeden Fall, zuerst das Buch zu lesen. So habt ihr einen Freiheitsgrad mehr und könnt euch die Figuren so ausmalen, wie ihr wollt. 
Der Film ist zwar technisch und perspektivisch ziemlich einfach gehalten, aber eine Geschichte wie diese verlangt auch nicht nach mehr.

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