Historia von D. Johann Fausten [Rezension]


"Niemand kann zweien Herren dienen."




Eckdaten




Titel: Historia von D. Johann Fausten

Autor: Buchdrucker Johann Spies und weitere
Verlag: Reclam
Seiten: 165 mit Nachwort von Richard Benz und Register
Erscheinungsjahr: 1992 (1587)
ISBN: 3-15-0015-4
Genre: Klassiker
Art: flexibler Einband



Inhalt



Dieses als "Volksbuch" bezeichnete, wohl älteste überlieferte Werk des Fauststoffs ist am Ende des Mittelalters erschienen.


Es geht um den Gelehrten Faust, dem sein zur Verfügung stehendes Wissen nicht mehr reicht und ähnlich wie wir es aus Goethes Faust kennen, nach Höherem strebt und sich deshalb der Zauberei hingibt. Er beschwört Mephistopheles, einen Geist aus dem Reich des Teufels herauf. Dieser ist nur einer von Vielen und nicht der König der Hölle, der Teufel selbst.

Faust leistet einen Bluteid. Für 24 Jahre wird der Geist sein Diener sein und ihn in die dunklen Zauberkünste einführen und ihm alles bieten, was er nur wolle. Doch danach muss er in die Hölle und ist ganz dem Teufel verschrieben. Darüber hinaus wird erwartet, dass Faust dem Herrn und der Kirche ganz abschwört.

Nachdem dieser Pakt besiegelt ist, machen sich die beiden auf Reisen, die 24 Jahre beginnen, in denen Mephistopheles ihm viel zeigt und über die Welt lehrt und sie in kleineren und größeren eurasischen Städten ihr Unwesen treiben. Wie es ausgehen soll, ist ja bereits vertraglich festgelegt... Doch wie geht es Faust dabei? Denkt er nach 24 Jahren immer noch so wie vorher? Hat er noch dieselben Wünsche?



" ach, Gott, sei mir armem Sünder gnädig, und gehe nicht mit mir ins Gericht, dann ich vor dir nit bestehen kann.
(S. 150)


Meine Meinung


Oh je! Ich habe mir ja eigentlich gesagt, dass ich Bücher, die ich für Schule und Uni lesen "muss", nicht rezensiere, vor allem wenn wir sie dort noch nicht besprochen haben, aber ich konnte es einfach nicht lassen! Vor allem habe ich mir gedacht, dass das doch totaler Quatsch ist. Warum sollte für hochgestellte Klassiker etwas anderes gelten, als für andere Bücher? Und was ändert sich nach einer universitären Lektürebesprechung? Mein erster Eindruck bleibt doch derselbe! Ich denke, dass unter diesem Gesichtspunkt in der nächsten Zeit noch weitere gelbe Heftchen auf meinem Blog vorgestellt werden :). Ich bin wirklich froh, dass ich durch das Studium zu solch interessanten Klassikern gerate.

Erst einmal vorweg: Das Buch spielt in einem wesentlichen Teil auch zu Ostern und ich durfte einen ganz besonderen literarischen Realitätstrigger erleben (Siehe 6. Lektion zum erlebenden Lesen): Auf einer Seite war gerade Karfreitag und während ich das las, war tatsächlich Karfreitag. Cool, oder?

Jetzt werden die meisten wie ich zuvor Faust von Goethe gelesen haben. Ich könnte jetzt einen ganz langen Post über einen Vergleich beider Werke schreiben (ich muss zugeben, das brennt mir gerade tatsächlich unter den Nägeln), aber ich will euch nicht damit quälen und mir dieses Thema noch für meine universitäre Laufbahn und diverse Arbeiten aufheben.

Ich kann aber soviel sagen, dass ich dieses Buch schwieriger zu verstehen fand, obwohl wir hier einen romanhaften Schreibstil mit Fleißtext haben. Dies ist der älteren Sprache geschuldet und alter Verständigungsstile zwischen Autor und Leser mittels sprachlichen Bildern. Nichtsdestotrotz war es annehmbar und bei wiederholtem Lesen bei schwierigen Stellen verständlich.

Im Gegensatz zu Goethes Faust geht es hier weit teuflischer zu und man wird letztendlich erkennen, dass Faust II näher am Volksbuch ist als der Vorgänger. Ich war beeindruckt und schockiert, während ich Mephisto und Faust von einer Stadt in die nächste begleitet hat. In diesem Buch wird sogar die Hölle detailreich beschrieben, auch eine Schöpfungsgeschichte ist inbegriffen. Man könnte fast sagen, dass Mephistopheles die Welt erklärt. Doch Vorsicht: Wie viel ist wahr? Das ist besonders insofern interessant, als dass es damals als "Volksbuch" betitelt wurde und durch den Buchdruck mit beweglichen Lettern auch schon recht gut verbreitet werden konnte.

Müsste ich eine Intuition des Autors benennen, so würde ich aus meinem Leseeindruck heraus sagen, dass er sich vom Glauben abwendende Christen wieder neu bekehren wollte.
Durch zahlreiche Formulierungen wird das "Teufelreich" immer wieder mit allem anderen neben dem Christentum, also auch mit anderen Religionen, auf eine Ebene gestellt.

Aber gerade der Einblick in diese eingeschränkte, und ich kann leider nicht sagen: vergangene Weltansicht, haben dieses Buch in meinen Augen so viel facettenreicher gemacht als Goethes Faust, in dem schon der Großteil der Gretchentragödie zufällt. Ich kann jedem, der Faust in der Schule etwas abgewinnen konnte, ans Herz legen, es hiermit zu probieren. Es wird einen Eindruck bei euch hinterlassen, auch wenn er nur bizarr ist. 
Die komischen und vulgären Momente habe ich auch nicht erwähnt. Es ist nicht zu fassen, aber Faust frisst ständig Dinge, über die man normalerweise nicht mal nachdenkt, dass es möglich wäre, sie zu fressen, wie z.B. einen Knecht...

Was ich mich immer wieder gefragt habe, ist, warum Faust bei den Menschen so beliebt ist. Obwohl er mit seinen Zaubern Unsinn betreibt und Menschen schadet, himmeln sie ihn an. Sie wollen sogar immer mehr von seiner Zauberei sehen. Das zeigt das Düstere in der Menschheit an sich. Was man hier sehr gut beobachten kann, ist die Charakterentwicklung Fausts. Und am Ende sieht man sich selbst, nämlich dann, wenn man Mitleid mit Faust hat und ihn gar nicht mehr teuflisch wahrnimmt...





Fazit


Faust von einer "ganz anderen" Seite



" Du müsstest doch zuletzt sterben, wann du gleich viel hundert Jahre lebtest. Müssen doch die Türcken, Jüden, und andere unchristliche Kaiser auch sterben, und in gleicher Verdammnis sein.
(S. 147)



Wertung






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