Dein Herz in tausend Worten [Rezension]

 


"Es gibt keine Alternative zur Liebe. Das müsstest du doch wissen, so viel, wie du liest." 



Titel: Dein Herz in tausend Worten
Autor: Judith Pinnow
Verlag: Ullstein
Seiten: 248
Erscheinungsjahr: 2021
ISBN: 978-3-548-06297-6
Genre: Liebe, Schicksalsliteratur
Art: flexibler Einband


"Will sitzt da und wartet auf ein Zeichen. In seinen Romanen würde jetzt ein Stuhl umfallen oder ein Vogel auf dem Fensterbrett landen. 
Nichts passiert. " 
(S.198) 

 

"Die U-Bahn rast in den Tunnel. Angstfrei stürzt sie sich in das enge schwarze Loch, ohne ihre Geschwindigkeit auch nur ein bisschen zu verringern





Die schüchterne Millie arbeitet als Assistentin in einem Verlag und rettet heimlich abgelehnte Manuskripte. Eins davon hat es ihr besonders angetan - eine traurige Liebesgeschichte, deren Worte sie in ihrem Innersten berühren. Sie beginnt, einzelne Zeilen daraus heimlich in Cafés und in Läden zu verteilen, um auch anderen Menschen Trost zu spenden. Als der Autor William Winter einen Zettel entdeckt, ist er entsetzt. Wurde sein Roman geklaut? Macht sich jemand über ihn lustig? William will unbedingt herausfinden, wer das getan hat. Doch als er Millie das erste Mal unwissentlich begegnet, geschieht etwas mit ihm: Sie bringt ihn dazu, über sein Geheimnis zu sprechen, und berührt ihn tief in seinem Herzen. Nur Millie macht die plötzliche Nähe Angst, sie glaubt nicht an das Glück und flüchtet …



"Mein Bruder Felix hat mich mal gefragt, warum ich ausgerechnet die schrägen, die ungeschickten und die rührseligen Geschichten rette. ' 
Weil sie mich an mich selbst erinnern', habe ich ihm geantwortet.
(S.17) 




Nach der Leseprobe war ich schon wieder in meiner Sehnsucht nach London verloren. Nach dem Buch erst recht. Und dann spielt es auch noch in Notting Hill... ich hatte tatsächlich vor der Lektüre die Befürchtung, es könnte sich in Klischees verlieren. Hat es das? Irgendwie schon, aber auf eine liebevolle Art, ohne dass es gestört hätte. Was für mich dann aber wirklich ein Haar in der Suppe war, war die Seichtheit der Geschichte. Der Plot kann sehr einfach rekonstruiert werden und ist nicht viel komplizierter als ein Kindermärchen. Jetzt mag man einwerfen, dass schon das Cover und der Titel auch nichts anderes versprechen. Ja, aber es ist so vorraussehbar, dass das Mitfiebern quasi nicht stattfinden kann. Das kann man aber auch als Vorteil sehen: Als Leser*in kann man sich zurücklehnen und das Buch genießen, Vertrauen schenken, dass schon alles gut wird.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Protagonistin. Sie verhält sich SEHR kindisch und das hat nichts mit ihrer sozialen Phobie zu tun. Als ich gelesen habe, dass sie schon über dreißig ist, bin ich fast vom Stuhl gefallen. Es fühlte sich an der einen oder anderen Stelle unglaubwürdig an. ABER: Gerade hier steckt die positive Message, die ich sehr begrüße: Jeder hat sein eigenes Lebenstempo und seine eigenen Steckenpferde. Es hat mir tatsächlich Mut gemacht zu sehen, wie Milly aus sich rauskommt. Was für ein Name (kein Namensbashing)!

Eine weitere Auffälligkeit stellt der Schreibstil dar, im positiven Sinne. Ständig werden Gegenstände und Ereignisse personifiziert, wodurch ein humorvoller Touch Einzug hält. Das hat mir sehr gefallen. Auch der Wechsel der Erzählperspektive hat Schwung reingebracht, wobei es mich etwas irritiert hat, dass der personelle Erzähler, der für Will gesprochen hat, denselben Ton hatte wie Milly als homodiegetische Erzählerin.
Die Idee der Geschichte mit den unveröffentlichten Manuskripten ist spitze, allerdings finde ich das innovatives Vorhaben am Ende (verzeiht mir meine kryptische Formulierung, aber ich will nicht spoilern) sehr an den Haaren herbeigezogen.
Wofür man dann doch ein bisschen Geduld aufbringen muss, sind die kitschigen Beschreibungen in dem zitierten Manuskript und die Geschwindigkeit, mit der sich Milly und Will verlieben. Und vor allem für die Begebenheiten, die ihnen das ermöglichen. Kann der Zufall das noch auffangen oder ist eine höhere Macht im Spiel? Das meinte ich, als ich Kindermärchen sagte. Und an alle, die das Buch bereits gelesen haben, was haltet ihr von der Eule?

Insgesamt wird jeder nostalgische Buch- und Londonliebhaber mit Affinität zu Romantik hier auf seine Kosten kommen. Das Buch ist berechtigterweise ziemlich dünn, sodass die Seichtheit nicht stark ins Gewicht fällt. Wer sich an den Film "Nottin Hill" mit Julia Roberts erinnert fühlt, liegt nicht ganz falsch. Die Location und Chemie der Liebesgeschichte stimmen überein. Aber im Charme der Protagonistin und dem Erzählstil erkenne ich Bridget Jones eher wieder, wobei Bridget natürlich viel cooler ist.


The Police
The Police ~ Every little thing she does is magic
The Police ~ Message in a Bottle
The Police ~ Roxanne
The Police ~ So lonely
 Country Roads
Countrymusik 
Der Mond ist aufgegangen



"Manchmal glaube ich, der Drache bin ich selber. Ein erschrockener Drache. Einer, der nie gelernt hat zu fliegen und sich damit abgefunden hat, zu gehen und die Welt nicht von oben, sondern von unten zu betrachten."

(S.127)

 



Ich liebe das Setting, liebenswürdige Geschichte. Aber auch sehr seicht!

 

"Ich glaube, es hat einige ein bisschen glücklich gemacht für den Moment. Und das ist ja der ganze Grund, warum man liest. Man hofft auf Zeilen, die ein schönes Gefühl in einem wecken."
(S.226)







"Es wäre eigentlich schön, wenn jeder Mensch ein Buch schreiben würde. Dann könnte man es lesen und wüsste, wie der andere tickt.
(S.109)






"Das ist ein ziemlich schöner Anfang für eine Liebesgeschichte, findest du nicht, Drachenmädchen?" 
(S.227) 

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