Schuld und Sühne [Rezension]
Titel: Schuld und Sühne Autor: Fjodor Dostojewski Übersetzung: Aus dem Russischen von Hermann Röhl Verlag: Anaconda Seiten: 800 Erscheinungsjahr: 2012 (1866) ISBN: 978-3-86647-765-0 Genre: Klassiker, Kriminalroman Art: fester Einband
"An einem der ersten Tage des Juli - es herrschte eine gewaltige Hitze - verließ gegen Abend ein junger Mann seine Wohnung, ein möbliertes Kämmerchen in der S...gasse, und trat auf die Straße hinaus; langsam, wie unentschlossen, schlug er die Richtung nach der K...brücke ein. "
Auf der Straße sieht er, wie Marmeladow betrunken von einer Kutsche ünberrollt wird. Er bringt ihn nach Hause, wo dieser aber an seinen Verletzungen stirbt. Er kümmert sich um die Familie und lernt so auch Sonja kennen. Der ermittelnde Komissar Porfiri Petrowitsch hat indessen den Verdacht, dass Raskolnikow hinter der Ermordung der Schwestern steckt, kriegt Raskolnikow aber nicht richtig ran. Dieser beichtet seine Tat der glaubensnahen Sonja, die ihm die Auferstehungsgeschichte vorliest, Allerdings hört Swedrigailow das Geständnis und versucht Dunja damit zu erpressen. Diese lässt aber nicht locker. Petrotwisch hat endlich die nötigen Beweise zusammen und kündigt seine baldige Verhaftung an. Letztendlich stellt Raskolnikow, (gescheitert als Überlegener seiner eigenen Theorie nach?) sich, durch Sonja ermutigt. der Polizei und wird zu acht Jahren Zwangsarbeit in Sibirien verurteilt. Sonja begleitet ihn und Dunja heiratet Rasumichin, während seine Mutter verstirbt. Die Last der Vergangenheit löst sich mit der Zeit von seinen Schultern. "Ich habe mich wie ein kluger Mann ans Werk gemacht, und das hat mich zugrunde gerichtet."
Zuerst möchte ich sagen, dass ich das Buch als Hörbuch gehört habe. Ob das eine gute Entscheidung war? Das musst du natürlich selbst entscheiden, es ist aber gar nicht so einfach, eine passende Vertonung zu finden. Ich habe eine gefunden, mit der ich mich gut arrangieren konnte. Denn ihr könnt euch sicher denken, dass es min. ein Monatsvorhaben ist. Ich glaube, ich war zwei beschäftigt. Mit einer nervigen Stimme sicher kein spaßiges Vergnügen. Wer das Buch aber intensiv lesen möchte, dazu gehört meiner Meinung nach auch, sich Bemerkungen am Rand zu machen, der sollte es lieber gleich selbst lesen. Ich habe viel mitbekommen, aber manchmal bin ich auch mit den Gedanken abgeschweift. Ganz ehrlich: Es ist kein Klassiker, den ich bedingungslos weiterempfehle oder den man meiner Meinung nach gelesen haben muss. Es gilt als der Ur-Krimi. Ich bezweifle das. Das fängt schon dabei an, dass es eher ein Psychothriller ist, der aufzeichnet, wie die Gewissensbisse den Mörder auffressen. Da der Erzähler auktorial ist, können die einzelnen Figuren bis in die hintersten Ecken durchleuchtet werden. Was in ihnen vorgeht, wissen die Leser*innen sofort. Es geht also nicht per se um die Ermittlungen, sondern darum, ob Raskolnikow ungestraft davonkommt. Eine andere Besonderheit des Romans sind die vielen gesellschaftlichen Themen, die mitmischen, allen voran die Theorie über die Polarität der Menschheit in Große und weniger wertvolle. Aber das hat mich persönlich jetzt nicht sonderlich inspiriert, weil ich die Theorie nicht für tragfähig und deswegen auch für bedeutungslos halte. Zu sehen, dass Raskolnikow daran scheitert, sie zu bestätigen, hat mich keineswegs überrascht. Es ist wohl eher eine Ermessenssache, dass manche Morde aufgrund deren (positiver) Wirkung in den Hintergrund geraten und ungestraft davon kommen. Die meisten von uns, wenn sie sich die Taten vor Augen führen, werden sie aber doch wohl trotzdem verurteilen. Vielleicht bin ich da aber auch zu optimistisch. Man sollte den Roman auch nicht aus dem räumlichen und zeitlichen Kontext seiner Entstehung heben. Für mich klang es jedenfalls an manchen Stellen ziemlich aus der Luft gegriffen. Das durchgängige geisteswissenschaftliche Geplätscher (Die Hinzunahme vieler verschiedener Diskurse von Politik über Philosophie bis hin zu Psychologie) erinnert stark an Dostojewski erinnert stark an seinen Kollegen Tolstoi. Von beiden russischen Autoren habe ich bis jetzt nur ein Werk gelesen, weswegen es schwer fällt, die Beobachtungen zu verallgemeinern. Aber Tolstoi konnte mich besser unterhalten. Bei ihm habe ich mehr Witz vorgefunden und in der Düsternis der gläsernen Figuren (beide schaffen es, dass man sich in die verschiedensten Personen hineinversetzen und ihre Schwächen erkennen kann) ist auch mehr Wärme übrig geblieben. Schwierig machen es einem beide, was die Namen angeht, besonders für den ungeübten. Wer bitteschön hat sich das russische Namensystem ausgedacht? Das Ende von Schuld und Sühne war auch gar nicht mein Fall. Wenn ich ihm auch lassen muss, dass es gar nicht mal so einfach ist, am Ende die Frage zu beantworten, ob er denn nun gerecht gestraft wurde oder nicht. Fast alle Diskussionen im Buch haben mit dieser Schlüsselfrage irgendwie zu tun, weswegen ich schon sagen würde, dass es sich als Schullektüre eignete, wenn es nicht so dick wäre. Sprachlich ist es auch gut lesbar. Aber genauso gut kann man meiner Meinung nach auch Das Parfum von Süsskind oder Der Prozess von Kafka lesen. Auch Der Richter und sein Henker von Dürrenmatt wären thematisch eine gute Alternative. Das einzige Argument, das für mich für Dostojewski sprechen würde, wäre die besondere psychologische Innensicht und die auktoriale Erzählhaltung. Vielleicht sollte ich noch mehr von ihm lesen, um ein besseres Urteil zu fällen.
Eine sehr vielschichtig verzeichnete Kriminalgeschichte, psychologisch und philosophisch ausgerichtet. Aber es hatte mich nicht vollständig.
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