Eve of Man [Rezension]

 


"Die Wirklichkeit ist wohl nichts anderes als die Welt, die man uns zeigt" 



Titel: Eve of Man - Die letzte Frau #1
Autor: Giovanna & Tom Fletcher
Übersetzung: Aus dem Englischen von Friedrich Pflüger
Verlag: dtv, Reihe Hanser
Seiten: 445
Erscheinungsjahr: 2019 (2018)
ISBN: 978-3-423-64055-8
Genre: Jugendbuch, Dystopie
Art: fester Einband


"Die Zukunft der Menschheit lief ab im Takt der biologischen Uhren der verbliebenen Frauen im gebärfährigen Alter.
(S.8)  

"Eigentlich fiel es am ersten Tag keinem auf. Möglich, dass die Hebammen kichern mussten beim Anblick all der Neugeborenen, die da in himmelblaue Säuglingsdecken gewickelt vor ihnen lagen, und weit und breit keine rosafarbene zu sehen. 


"Du wirst geliebt. Und du gehörst nur dir. Nicht mir, nicht ihnen. Vergiss das nie.
(S.411)  




Seit 50 Jahren sind auf der Erde keine Mädchen mehr geboren worden, bis Eve durch ein Wunder das Licht der Welt erblickt. Sie wird behütet und isoliert in der Kuppel eines großen Turms großgezogen. Die Kuppel ist Eves ganze Welt, der einzige Kontakt sind ihre "Mütter" (die Frauen, die sich um sie kümmern), die schon alt sind und ihre Freundin Holly. Holly ist ein Hologramm, gesteuert durch ein Team aus Piloten, denn Eve ist das einzige Mädchen, die jüngsten Frauen sind in ihren Siebzigern. Unter den Piloten ist auch Bram, der Sohn eines wichtigen Mitglieds des Programms zur Erhaltung der Menschheit. Dieses Programm sieht es nun vor, in Eves 17. Lebensjahr einen geeigneten Partner für sie zu finden und so den Fortbestand der Menschheit zu sichern. 
Allerdings stellt sich ein erstes Treffen mit den Kandidaten als nicht so einfach und ungefährlich heraus, wie angenommen, und als Eve Holly am meisten braucht, scheint deren Fassade allmählich zu bröckeln und männliche Konturen zu bekommen....
Was in der Stadt zu Füßen des Turms vor sich geht, bekommt sie nicht mit. Überschwemmungen, Unruhen, Proteste, Armut, Perspektivlosigkeit. Das Resultat einer von Männern dominierten Welt.
Über allem schwebt die Frage: Ist der Mensch in der Lage, der Natur in die Hände zu fuschen und gegen das Aussterben der eigenen Art anzukämpfen? Oder ist genau das Teil des Plans von Mutter Natur? Einen ihrer größten Quälgeister loszuwerden?


"'Du bist ein Rädchen im Getriebe', schnarrt sie tief und leise und schiebt sich näher heran. 'Ein wichtiges, zugegeben, aber trotzdem nur ein Rädchen. Ohne unseren Schutz bist du gar nichts.'
(S.25) 



Ich war sooo gespannt auf das Buch! Es versprach, eine neue Art von Dystopie zu sein, die Idee hat mich an den Film "Children of Men" erinnert. Meine größte Hoffnung war, dass die Umsetzung mich hier ebenfalls überzeugen würde. 
Ich muss sagen, dass die ersten Seiten nicht so leicht waren. Mir hat die Perspektive nicht gefallen: Ich-Perspektive der Protagonistin und diese ist erst sechszehn. Der Schreibstil ist ihr angepasst worden und wirkte auch authentisch, aber eben von der Denkweise auch sehr jugendlich. Mit viel Pathos! Besser wurde es, als sich mit den Kapiteln ein Wechsel der Perspektive zu Brams Sicht entwickelt hat. Ein Format, das sich für dystopische Jugendbücher gut eignet. Ich komme aber immer noch nicht über den Gedanken hinweg, dass bei der Thematik eine erwachsenere Aufmachung nicht geschadet hätte. 
Auf das ein oder andere Klischee hätte man definitiv verzichten können und über den Konstruktionscharakter muss gar nicht erst gestritten werden. 
Aber über all dem steht die Spannung, die sich durch die gesamte Geschichte zieht. Bis zum allerletzten Satz. Diese liegt darin begründet, dass alles vorhanden ist, was eine gute Dystopie braucht: Ein ernsthaftes Problem, eine zerrüttelte Welt und/oder Gesellschaft, glaubwürdige technische Neuerungen oder ein anderes kulturelles Konzept, das aber trotzdem von unserer Realität nicht zu weit entfernt ist und Charaktere, mit denen sich mitzufiebern lohnt.
Es war definitiv keine Welt, in der ich mich wohlgefühlt habe, aber es gab immer etwas zu entdecken und vor allem könnte man vom Plot und den Strukturen dieser Gesellschaft ausgehend große philosophische Debatten starten. 


"'Nein, ich meine dich', sagt sie, dreht sich zu mir und sieht durch Hollys Gesicht hindurch, zwei Stockwerke tiefer durch den Visor direkt in meine Augen.
(S.62)




Spannende Idee und waschechte Dystopie. Aber warum so viele Jugendbuch-Klischees? Ach ja, und ein fieser Cliffhanger!


"Die Flut kam, und wir bauten eine Arche, Kumpel. Willkommen an Bord."
(S.195)






"Halte nach dem besonderen Etwas Ausschau, Eve. Mach dich auf die Suche nach der Liebe... oder besser noch, lass dich von der Liebe finden.
(S.81)







"Dann wird sein Leben eher wie meines werden, oder - meines wird mehr wie seines..."  
(S.19)

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"Mit dem wirklichen Mond hat er wenig Ähnlichkeit, ist eher wie ein Mond, den man im Traum sieht, wie er schwerelos in vollkommener Magie über die Welt hinwegzieht. Das ist Eves Mond.
(S.58)

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"Ich würde gern wissen, an was er morgens nach dem Aufwachen als Erstes denkt.
(S.69)

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"Wahrscheinlich glotze ich ihn fassungslos an, während ich all das Fremde wahrnehme, von dem das Vertraute in seinem Gesicht umgeben ist.
(S.101)

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"Aber ich habe erreicht, was ich wollte, oder etwa nicht? Ein bisschen mogeln ist manchmal ganz gut für die Seele.
(S.155)

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"Was Schönheit angeht, ist uns Mutter Natur immer einen Schritt voraus. Sie ist wirklich eine Künstlerin."
(S.194)

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" Worte können gefährlich sein in einer Welt, in der die Wände Ohren haben."
(S.213)

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"Ich versuche überzeugend zu klingen, was aber immer besonders schwierig ist, wenn man es ehrlich meint.
(S.261)

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