Unorthodox [Rezension]


"Kann man den Ort, dem man entstammt, je wirklich verlassen?" 




Titel: Unorthodox
Autor: Deborah Feldman
Verlag: btb
Seiten: 400
Erscheinungsjahr: 2020 (2017)
ISBN: 978-3-442-77020-5
Genre: Aus dem Leben gegriffen, Autobiographie
Art: flexibler Einband

"Deshalb brauche ich Gott auf meiner Seite: Ich habe niemand anderen, der zu mir hält.




In der chassidischen Satmar-Gemeinde in Williamsburg, New York, herrschen die strengsten Regeln einer ultraorthodoxen jüdischen Gruppe weltweit. Deborah Feldman führt uns bis an die Grenzen des Erträglichen, wenn sie von der strikten Unterwerfung unter die strengen Lebensgesetze erzählt, von Ausgrenzung, Armut, von der Unterdrückung der Frau, von ihrer Zwangsehe. Und von der alltäglichen Angst, bei Verbotenem entdeckt und bestraft zu werden. Sie erzählt, wie sie den beispiellosen Mut und die ungeheure Kraft zum Verlassen der Gemeinde findet – um ihrem Sohn ein Leben in Freiheit zu ermöglichen.

"Ich möchte auch eine solche Frau sein, die sich ihr eigenes Wunder erkämpft, anstatt auf Gott zu warten, dass er es vollbringe.




Es ist sehr schlicht, darüber müssen wir nicht streiten. Aber das ist vielleicht auch das, was dieses Buch ausmacht: Eine Geschichte, die für sich spricht. 

Hierbei handelt es sich um eine wahre Begebenheit, deswegen ist es wohl nicht angebracht, von einer gut gestalteten literarischen Welt zu sprechen. 
Ich schaue gerade die Serie und da ist mir sogleich aufgefallen, dass es anders ist und auch in der Gegenwart in Berlin spielt. Die Geschichte wurde noch weiter dramatisiert.
Unter diesem Blickwinkel wird die Freiheit ersichtlich, die auch die Autorin in ihrer eigenen Geschichte hatte: Und zwar den Blickwinkel und den Startpunkt, aus der sie von ihrer Vergangenheit erzählt. Dieser ist gut gewählt, weil auch viel von der Kindheit mitbekommen, was in der Serie bis jetzt nicht der Fall ist. Schade finde ich aber, dass man so wenig über das weitere Leben in Berlin erfährt. 

Der Schreibstil ist für eine Autobiografie sehr literarisch und fesselnd. 
In der Geschichte selbst berichtet Deborah von ihrer Literatur-Affinität und ich finde schon, dass es sich in ihrem Schreibstil widerspiegelt.
Es war leicht zu folgen, allerdings muss ich hier auch dazusagen, dass ich das Buch als Hörbuch gehört habe und auch die Stimme der Sprecherin sehr mochte.

Da es sich um eine wahre Geschichte handelt, ist es angemessener, von Personen zu sprechen. Ich konnte mich in Deborah gut hineinversetzen. Es ist erschreckend, wie sie aufwächst und es war sehr bewundernswert, wie stark sie ist. 
Viele andere Personen in ihrem Umfeld wirken durch die subjektiven Schilderungen sehr befremdlich bis unsympathisch. 
Ich fand es aber auch sehr interessant in diese Welt der chassidischen Juden abzutauchen, da ich sektenartige Gemeinschaften auf kultureller Ebene spannend zu untersuchen finde. Vorher hatte ich noch nicht viel über Williamsburg gehört.


"Ich kann so tun als ob, ich kann mich derart überzeugend verhalten, dass niemand je die Wahrheit zu entdecken vermag.





Eine neue Sicht auf die Welt! Und bald möchte ich mir unbedingt die Serie vornehmen.


"Ich weiß nicht wie, aber vielleicht wird meine Flucht [...] in kleinen, beständigen Schritten vollzogen werden. Vielleicht wird es Jahre benötigen. Aber ich weiß mit großer Sicherheit, dass es geschehen wird.




"Was ist das für eine Welt, in der wir nur Belanglosigkeiten wie einen zu kurzen Rock bestrafen, aber Stillschweigen bewahren, wenn einer die Zehn Gebote bricht?




"Die aufgereihten Bücher vor Augen, erinnere ich mich daran, wie sehr ich mich als Kind das Recht ersehnte, lesen zu dürfen, wie viel ich für das Wissen riskierte und wie die Freude zu lesen stets die Angst überwog.

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