Emily in Blair Water [Rezension]


" Es wird wieder einen Regenbogen geben"





Titel: Emily in Blair Water
3/3
Autor: Lucy Maud Montgomery
Übersetzung: Aus dem Amerikanischen von Dagmar Weischer
Verlag: Loewe
Seiten: 287
Erscheinungsjahr: 1994 (1927)
ISBN: 3-7855-2708-X
Genre: Roman des Lebens, Historienroman
Art: fester Einband
Leseprobe

" Jeder muss ein bisschen böse sein, das macht ihn erst interessant. Die Prise Salz, die macht erst den Geschmack.
(S.38)



Achtung, Spoiler!

Hier geht es zu meinen Rezensionen der anderen Teile:


Nachdem Emily ein Angebot, nach New York zu gehen, abgelehnt hat, bleibt sie als einzige der vier Freunde in Blair Water zurück. Teddy und Ilse studieren in Montreal, und Perry will Anwalt werden. Emilys großes Ziel ist es nach wie vor, eine berühmte Schriftstellerin zu sein. Emily erreicht zwar dieses Ziel, aber sie muss erkennen, dass es auch für sie Dinge gibt, die ihr wichtiger sind. Zum Beispiel ihre Freunde und ihre lange uneingestandene Liebe zu Teddy.



" Und ich brauche einfach eine Katze um mich. In einem Haus ist es erst richtig gemütlich mit einer Katze, die sich so selbstzufrieden mit ihrem eigenen Schwanz umwickelt.
(S.101)




Mir gefällt das Buchdesign. Es strahlt direkt auf den ersten Blick L.M.Montgomery-Flair aus. Allerdings stelle ich mir Emily nicht so wie die Dame auf dem Cover vor.



Die Welt ist eigentlich ziemlich realistisch gehalten. Nur hin und wieder wird der Eindruck erweckt, dass Magie eine Rolle spielen könnte, was auf jeden Fall eine ungewohnte interessante Note ist, wenn man die Autorin über Anne kennengelernt hat. 
Prince Edward Island ist ein traumhaftes Setting :). Bin immer wieder gerne dort!

Ich liebe den Schreibstil! Wobei ich sagen würde, dass er sich von dem bei Anne auf Green Gables unterscheidet. Das finde ich auch das Großartige an Montgomery: Sie erweckt in ihren Charakteren ein Eigenleben, das ihnen ermöglicht, auch Einfluss auf die Weise zu nehmen, in der gesprochen wird. 
Allgemein kann man sagen, dass die Sprache relativ einfach gehalten und reich an wörtlicher Rede ist.

Eine weitere interessante Methode, die nicht überall glückt: Wir bekommen die Geschichte zwar aus sicherer Instanz erzählt, wissen aber meistens nicht mehr als Emily, sind ihr also näher, als es auf den ersten Eindruck scheint. Es ist unglaublich schön, Emilys spritzige, aufgeweckte, lustige Sicht zu teilen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch die Momente, in denen wir mit dem Erzähler eine Gewissheit teilen, die der Protagonistin wohl immer verborgen bleiben wird. So vielseitig!

Hin und wieder musste ich mich allerdings ganz ehrlich fragen, was nachträglich geändert wurde. Denn einige Ausdrücke und Sichtweisen können meiner Meinung nach nicht aus jener Zeit stammen. Who knows?

Ein Zitat müsste an dieser Stelle reichen:


" Sie war wie ein sprudelnder Wasserfall. Ein Gedanke konnte sie bewegen wie ein heftiger Wind, ein Gefühl sie überwältigen wie ein Sturm. Sie gehörte zu jenen temperamentvollen Menschen, von denen man sich, auch wenn sie gestorben sind, nicht vorstellen kann, dass sie wirklich tot sind.
(S.16)

Und dennoch hat Emily eine große Entwicklung durchgemacht, genauso wie die anderen Charaktere in diesem Buch. Besonders bei Ilse und Teddy habe ich dies bemerkt, wobei das nicht unbedingt nur zum Positiven geschehen ist.


Meiner Meinung nach ein sehr moderner Roman. Emily verkörpert zum Einen einen feministischen Schwung, in dem sie ihren beruflichen Erfolg ebnet, auf der anderen Seite sehnt sie sich nach der Erfüllung eines Lebens als traditionelle Frau. Mir hat es gefallen, wie Liebe, auch unglückliche, hier dargestellt wird. Bis zuletzt wird der Leser darüber im Unklaren gelassen, ob es ein Happy End geben wird.

Von allen drei Teilen war dieser vielleicht sogar der Spannendste, weil man weiß, dass es der Letzte ist und gewiss keine Teile mehr folgen werden. Einige Entwicklungen kamen doch überraschend.

Konnte ich alle Entscheidungen immer nachvollziehen? Wohl kaum. Aber ich konnte den Figuren abnehmen, dass sie es zu dem Zeitpunkt wirklich nicht besser wussten und auch im echten Leben solche Fehltritte leisten würden.

Macht euch auf alles gefasst!


" Im Winter habe ich manchmal gedacht, dass Gott mich nicht mag. Aber jetzt bin ich mir ganz sicher, dass er mich liebt.
(S.78f.)





Emilys Geschichte steht zwar im Schatten von Anne, glänzt aber auf ihre ganz eigene Weise!



" Und sag der Welt nicht alles. Das ist der Haken an unserer Literatur. Sie hat nichts Geheimnisvolles mehr, worüber man nachdenken muss.
(S.39)






" Der Spuk von Ungeschehenem ist schlimmer als der Spuk von Dingen, die vergangen sind.
(S.97)



 

" Manchmal hasse ich das Leben. Dann wieder liebe ich es über alles, wenn mir schmerzlich klar wird, wie schön es ist, oder wie schön es sein könnte, wenn ...
(S.129f.)

"Wenn ich nicht kriege, was ich will - na, dann will ich eben das, was ich kriegen kann.
(S. 156)

"Ich bin im Mondschein Ski gefahren. Die Luft war richtig schön beißend kalt und der Himmel voller Sterne. Manche Nächte sind sie Honig und manche wie Wein und manche wie Wermut. Heute ist die Nacht wie Wein, wie Weißwein, wie irgendein klarer, spritziger Zaubertrank, der einem ziemlich zu Kopfe steigt.
(S.159) 

"Ein Tag kann noch so sonnig sein, ganz ohne Wolken ist er nie.
(S.192) 

"Wünschte, ich wäre nicht geboren worden, sondern unbefleckt plötzlich dagewesen, so ähnlich, wenn auch nicht genauso wie Jesus, dann bräuchte ich keinen Geburtstag zu feiern. Kann mit Jesus mitfühlen, was die Verlegenheit angeht, die er angesichts der zweitausendjährigen Geschichte seines Geburtstages empfinden muß und vielleicht auch sollte. An den Folgen leidet die Menschheit heute noch.
(S.92)

"Es gibt so viele Arten der Liebe, wie es Blumen gibt; Immergrün, das nie verwelkt; Ehrenpreis, der auf den Wind wartet, damit er ihm das Leben aushaucht; blutrote Berglilien, die ihren sinnlichen Duft einen Tag lang verströmen und des Nachts verkümmern.
(S.284) 

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