Buddenbrooks [Rezension]


Verfall einer Familie



Eckdaten


Titel: Buddenbrooks 

Autor: Thomas Mann
Verlag: Fischer
Seiten: 759
Erscheinungsjahr: 2013 (1901)
ISBN: 978-3-596-29431-2
Genre: Klassiker
Art: flexibler Einband





" Rücksicht und Takt sind gute Sachen, bewahre! Aber es gibt eine Grenze im Leben, Tom- und ich kenne das Leben, so gut wie du- wo die Angst vor dem Skandale anfängt, Feigheit zu heißen, ja!
(S.382)




Inhalt



Wir begleiten die Unternehmerfamilie Buddenbrook aus Lübeck über mehrere Generationen (vom Ende des 18. Jahrhunderts bis zum Ende des 19. Jhdt.) hinweg. 

Hier nochmal genauer:

Jean Buddenbrooks Vater hat das Getreideunternehmen als Ältester von seinem Vater übernommen und führt es auch sein Leben lang erfolgreich, bis er und seine Frau kurz hintereinander in alten Tagen sterben. 

Jean und seine Frau Elisabeth ziehen vier Kinder heran: Thomas, Tony, Christian und Clara. Bei ihnen laufen die Geschäfte auch noch gut, allerdings gibt es schon Verluste...

Inzwischen sind die Kinder erwachsen: Thomas als Ältester übernimmt das Unternehmen nach dem Tod seines Vaters und ist sehr pflichtbewusst. Trotzdem soll es ihm nicht gelingen, das Unternehmen vor dem Verfall zu bewahren...

Tony redet sich alles von der Leber weg und redet im Buch quasi ohne Pause über ihre Sorgen und die Ungerechtigkeit des Lebens ihr gegenüber. Sie hat kein Glück mit Männern und nimmt aus erster gescheiterter Ehe eine Tochter (Erika) mit. 

Christian, der Hypochonder, träumt sein ganzes Leben vor sich hin und gibt sich den Künsten hin, aber bringt sonst nichts vernünftiges zustande.

Das Nesthäkchen Clara hat einen Priester geheiratet und zieht in weite Ferne.

Tja, und als Thomas' Nachwuchs Hanno mit der Zeit heranwächst, wird immer klarer, dass das Unternehmen nicht mehr gerettet werden kann und keinen Generationswechsel mehr erleben wird, denn Hanno gibt sich wie seine Mutter der Musik hin...




" Individualität!... Ach, was man ist, kann und hat, scheint arm, grau, unzulänglich und langweilig; was man aber nicht ist, nicht kann und nicht hat, das eben ist es, worauf man mit jenem sehnsüchtigen Neide blickt, der zur Liebe wird, weil er sich fürchtet, zum Haß zu werden.


Meine Meinung


Endlich, endlich, endlich habe ich nach einem Dreiviertel-Jahr dieses Buch beendet. Am Anfang viel es mir echt schwer in diesen dicken Klopfer reinzukommen. Ich verstehe auch immer noch nicht, wie dieses Buch Bestandteil des schulischen Deutschunterrichts sein kann. Das bezieht sich jetzt auf den Umfang. Wie will man so ein dickes Buch mit den Schülern in ein paar Wochen durchanalysieren? 

Ich muss auch sagen, dass ich normalerweise nicht so lang für ein Buch brauche, aber am Anfang habe ich mich echt gefragt, warum es sich hierbei um einen der beliebtesten deutschen Klassiker handelt. Ich fand das erste Drittel einfach nur stinklangweilig. Es wurde eine langweilige Familie vorgestellt, in der sich alles nur um ein Getreideunternehmen dreht... Ich habe mich eine Zeit lang echt gefragt, warum es ein Klassiker ist.

Alle Gemüter, die ich jetzt erhitzt habe, kann ich nun beruhigen: Wenn man am Ende auf die ganze Handlung zurückblickt, erkennt man die sprachlichen Muster und Bilder und wie sie gedeutet werden können und möglicherweise kann man auch Rückschlüsse auf die gesamte gesellschaftliche Entwicklung ziehen.

Diskussionsthemen könnten hier z.B. sein:
- Generationskonflikt bei der Berufswahl: Muss ich das Unternehmen meiner Eltern übernehmen?
- Rentiert es sich heutzutage noch, seine Künste zur Berufung zu machen oder sollte man die Vernunft walten lassen?
- inwieweit wirkt sich beruflicher Misserfolg auf die Verfassung aus?
-äußerer Anschein und wieviel Rolle spielt Prestige
- Schattendasein und Sinn des Lebens
- …

Für mich, muss ich aber sagen, hat sich letztendlich nur der Eindruck manifestiert, dass dies der Verfall EINER Familie ist und sich das Meiste, insbesondere der sehr eigenwilligen Charaktereigenschaften der Protagonisten, nicht einfach auf die Gesellschaft übertragen lässt.
Ich habe jetzt angefangen, eine Biographie über Thomas Mann zu lesen und es scheint viel mehr so, als hätte er seine eigene nahe Gesellschaft und Familie und das Leben in Lübeck mit diesem Buch verewigen wollen.

Mit der Zeit fand ich das Buch doch immer interessanter, vor allem weil die Charaktere allesamt interessant waren, aber doch alle ziemlich trübsinnig wirkten, weswegen ich selbst nicht gern in diesem Buch gelebt hätte. Das Buch wirkt sehr realistisch, ist ja auch dem Naturalismus zuzuschreiben.
Ich finde die Handlung deswegen ziemlich einprägsam. Das Buch ist eher wie eine Biographie geschrieben, als wie ein Roman. Nur in bestimmten Situationen wandelt der distanzierte Schreibstil zum personellen.

Das Beeindruckendste für mich an diesem Buch ist wohl der Verlauf und die Entwicklungen des Verfalls über die einzelnen Generationen hinweg. Auch in der Sprache erlebt man diese Entwicklung. Wo am Anfang noch Plattdeutsch auftaucht, haben wir am Ende reines Hochdeutsch.

Wo am Anfang noch wenig passiert, geht die Handlung am Ende schneller voran und es geschehen viele dramatische Dinge, sodass  ich im letzten Drittel erstmals eine richtige Spannung spüren konnte.

Abschließend würde ich sagen, dass es sicherlich vieles gibt, was nach diesem Buch diskutiert werden kann, es aber nicht sonderlich über die Familie Buddenbrook hinausgeht. Es ist eine Art Familienporträt einer fiktiven Familie, die aber an der Zeit, de, Lebensraum und den eigenen Erfahrungen Thomas Manns angelehnt ist.



Fazit

Mit diesem Werk erlebt man gute und schlechte Zeiten!



" War nicht jeder Mensch ein Mißgriff und Fehltritt? Geriet er nicht in eine peinvolle Haft, sowie er geboren ward?
(S. 657)



Wertung







" Das Gute kommt immer zu spät, immer wird es zu spät fertig, wenn man sich nicht mehr recht darüber freuen kann.




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